PROJEKTINFORMATION
Bezeichnung | Neubau Kinderhaus Tettnang |
Wettbewerb | 2. Rundgang 2011 |
Auftraggeber | Stadt Tettnang |
Architekten |
Lanz · Schwager Architekten BDA |
Renderings | Lanz · Schwager Architekten BDA |
Auszug aus dem Erläuterungsbericht
STÄDTEBAU:
Der Entwurf für die neue Kindertagesstätte besetzt mit einer winkelförmigen Figur die südliche und westliche Grundstückskante und definiert damit das Quartier neu als blockrandähnliche Struktur. Der Gebäudekörper bildet dabei ein Gegenüber zur straßenbegleitenden Wohnbebauung entlang der Kalchenstraße im Norden des Quartiers. Gleichzeitig spannt er durch die Abschirmung zur neuen Stichstraße und zur Hauptverkehrsachse im Westen einen großzügig geschnittenen nach innen orientierten Gartenbereich auf und trägt dadurch stark zur Beruhigung der heterogen geprägten Umgebung bei.
An der Südwestecke, zur Wilhelmstraße mit ihrer dorfkernähnlichen Struktur (Kirche, Post, Kindergarten, Nähe zur Altstadt) wird dabei ein eingeschnittener Eingangsbereich geschaffen, an welchem entlang der Besucher intuitiv ins Gebäude geführt wird. Dieser bildet die Adresse der neuen Kindertagesstätte.
Der entlang der neuen Stichstraße um etwa zwei Meter ansteigende Geländeverlauf wird dabei ausgenutzt, um einerseits ein einheitliches Eingangs- und Gartenniveau zu erreichen und andererseits den adressbildenden Gebäudekopf durch ein untergeschobenes Teilgeschoss zu betonen. Dadurch wird auch der Garten weiter vom Verkehr und den Parkplätzen buchstäblich abgehoben.
Durch gezieltes „Abknicken“ der Bauform werden vom Garten aus gesehen drei Abschnitte gebildet, welche sich durch eingeschnittene Terrassen mit dem Außenraum verzahnen und die innere Organisation widerspiegeln.
GEBÄUDEORGANISATION:
Im mittleren der drei Abschnitte befindet sich dabei die zentrale Halle, die die Besucher mit einer großen Willkommensgeste empfängt und als Bindeglied alle Gebäudeteile horizontal und vertikal miteinander und mit den Außenanlagen verknüpft. Einladend, großzügig und offen gestaltet nimmt sie zentrale Funktionen wie das Kontaktcafé, der Essplatz und die Bewegungszone auf und schafft über Lufträume und differenzierte Möblierung Sichtbeziehungen nach oben. Diese Bereiche sind dabei als Raumkontinuum flexibel nutz- und zonierbar.
Direkt anschließend im westlichen Flügel befindet sich das „Spatzennnest“ der Öffentlichkeit zugewandt und funktioniert als eigenständige, separat abschließbare Einheit. Im nordöstlichen Flügel schließt sich an die Halle die Kinderkrippe als wiederum eigenständige aber mit ganz direktem Gartenzugang introvertiertere Zone an. Allen Gruppenräume ist durch Fluraufweitungen jeweils eine einzeln zugeordnete Eingangsnische mit Garderoben als eigene kleine Adresse vorgeschaltet.
Die vertikale Erschließung erfolgt aus der Halle einerseits über zwei in den Gelenken gelegen Treppenhäuser, andererseits über ein zentral in den Luftraum eingestelltes Spiel- und Treppenmöbel.
Dieses bietet neben seiner Funktion als Erschließungsweg gleichzeitig Spielmöglichkeiten auch für externe Kinder, deren Eltern sich im Kontaktcafé aufhalten. Durch den Luftraum fällt Licht durch eine großzügige Südverglasung im Obergeschoss und die optische Verbindung nach oben wird hergestellt.
Direkt anschließend im Obergeschoss befinden sich der Kindergarten mit seinen beiden Gruppenräumen für die etwas älteren Kinder. Diese sind unter dem Dachfirst zweigeschossig organisiert und erhalten dadurch eine höhenmäßige Zonierung mit eingestellter Schlafgalerie und darunter liegendem Nebenraum.
Die Schlafgalerien stellen dabei Blickbeziehungen sowohl zum Garten im Norden als auch über Gucklöcher zum Luftraum nach unten her. Der direkte Außenzugang der beiden Gruppenräume erfolgt über jeweils eine vorgeschaltete Dachterrasse und von dort über Rutschen in den Garten.
Die großzügig gestaltete Vorzone zu den Gruppenräumen bietet differenzierte Aufenthaltsbereiche und schafft die Verbindung zum Kreativbereich mit Werkstatt, Kinderküche und eigenem Dachterrassenzugang auf der einen Seite und dem Verwaltungsflügel im Westen auf der anderen Seite. Dort ist ebenfalls eine Dachterrasse vorgesehen, die in einem eventuellen II. Bauabschnitt überbaut werden könnte.
AUSSENANLAGEN:
Im Norden an das Gebäude anschließend - und von allen Gruppenräumen aus direkt oder über Rutschen zugänglich – schmiegt sich in den inneren Gebäudewinkel ein weitläufiger Gartenbereich und lädt zum Freien Spiel ein.
Von nahezu allen Raumbereichen aus wahrnehmbar, bildet er den zentralen Kern der Anlage. Durch die differenzierte Gestaltung und Zonierung des Hofes ergeben sich spannende und abwechslungsreiche Erlebnis-, Spiel- und Ruhezonen. Sandkasten, Brunnen und Matschmulde ermöglichen das Spiel mit den Elementen; ein aus dem Bestand gebildeter Spielturm mit Klettergeräten, Doppel- und Langrutsche sowie Kriechtunnel bietet sich für Abenteuer- und Bewegungsspiele an, definieret Ausblickssituationen und macht die Höhe erlebbar.
Baumgruppen, Sonnensegel und eingeschnittene überdachte offenen Schleusen schaffen unterschiedlich besonnte und beschattete Bereiche und definieren Ruhezonen. Entlang der zentralen Halle ist der Boden als Holzrost ausdefiniert, der als befestigte Spielfläche dient und durch die Schleusen mit dem Gebäudeinneren verzahnt wird.
MATERIAL- UND GEBÄUDEKONZEPTION
Das Gebäude ist als Massivbau in Stahlbeton mit außen liegender Dämmung und vorgehängter, hinterlüfteter Fassade aus vorpatinierten Metallelementen konzipiert. Durch Sichtbetondecken und -wände sorgt eine passive Nutzung der Speichermassen für ein angenehmes Raumklima im Sommer. Durch die kompakte Bauform, die dichte Gebäudehülle und den hohen Dämmstandard ist ein wirtschaftlicher Betrieb des Gebäudes zu erwarten.
Beim Ausbau wird auf die Verwendung von natürlichen und Materialien wie Holz, Linoleum und Textilien Wert gelegt. So kann einerseits ein gesundes Raumklima geschaffen, andererseits das haptische, optische und olfaktorische Erleben gefördert. Durch den ehrlichen, sichtbaren Einsatz roh belassener Materialien wird eine hohe ästhetische Qualität des Raumes mit wirtschaftlichem Denken vereinbart.